So können Sie als Verfahrenspfleger für ein Betreuungsverfahren bestellt werden

Paragraph Urteil DDie Gesetzeslage: In § 276 Abs. 1 FamFG sind die Voraussetzungen für die Bestellung des Verfahrenspflegers geregelt.

Ein Verfahrenspfleger wird auch bestellt, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist – § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG.Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in zwei Beschlüssen mit der Position des Verfahrenspflegers befasst:

Der Beschluss des BGH vom 13. November 2013, Az. XII ZD 339/13

Die in einem Seniorenwohnheim lebende Betroffene hatte ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter eine umfassende Vollmacht erteilt. Die Leitung des Seniorenwohnheims regte bei dem zuständigen Betreuungsgericht die Einleitung einer Betreuung für die Betroffene an, weil es zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen sei.

Das Amtsgericht Monschau bestellte einen Kontrollbetreuer für die Bevollmächtigten mit dem Aufgabenkreis „Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihren Bevollmächtigten“.

Nachdem das Landgericht (LG) Aachen die Beschwerde der Betroffenen gegen die Bestellung eines Rechtsanwalts als Kontrollbetreuer zurückgewiesen hatte, entschied der BGH über die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des LG Aachen:

Zwar läge kein Regelfall des § 276 Abs. 1 Satz 2 FamFG vor, jedoch müsse für die 1927 geborene, nicht anwaltlich vertretene Betroffene ein Verfahrenspfleger zwingend bestellt werden.

Denn sie leide unter einer deutlichen Einschränkung ihrer kognitiven Fähigkeiten, insbesondere des Kritik- und Urteilsvermögens, und könne ihre Rechte im Betreuungsverfahren nicht ausreichend wahrnehmen.

In dem Spannungsfeld zwischen der Bestellung eines Kontrollbetreuers – einem gewichtigen Eingriff in das Grundrecht nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) – und der von der Betroffenen erteilten Vorsorgevollmacht als Ausdruck des Selbstbestimmungsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m- Art 1 Abs. 1 GG zur Vermeidung einer Betreuung – befand der BGH, dass die Bestellung eines Verfahrenspflegers unbedingt geboten gewesen sei.

Der Beschluss des BGH vom 11. Dezember 2013, Az. XII ZB 280/11

Das Amtsgericht Kassel hatte für die an einer schweren psychischen Krankheit leidende Betroffene eine Betreuung angeordnet.

Auf die Beschwerde der Betroffenen gegen die Bestellung der Person der Betreuerin hatte das LG Kassel die Person der Betreuerin ausgetauscht, und im Übrigen die Aufgabenkreise der Betreuung reduziert.

Der BGH hob diesen Beschluss des Landgerichts auf.

Er rügte, dass für die anwaltlich nicht vertretene Betroffene ein Verfahrenspfleger hätte bestellt werden müssen.

Die Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers nahm der BGH aufgrund der Generalklausel des § 276 Abs. 1 Satz FamFG an. Selbst wenn keiner der in § 276 Abs. 1 Satz 2 FamFG genannten Regelfälle vorliege, sei im Einzelfall zu prüfen, ob ein Verfahrenspfleger bestellt werden muss.

Die Betroffene leidet an einer psychotischen Krise aus dem paranoiden Formenkreis, die mit einem vollständigen Verlust ihrer Kritikfähigkeit gegenüber der eigenen Situation verbunden ist. Im Hinblick auf diese gravierenden Beeinträchtigungen der Betroffenen kann sie aber ihre Rechte im Betreuungsverfahren nicht ausreichend selbst wahrnehmen.

Deshalb war die Bestellung eines Verfahrenspflegers zwingend geboten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das LG Kassel aufgrund der Stellungnahme eines Verfahrenspflegers zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.

Darum wurde der Beschluss des LG Kassel aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Bedeutung der BGH-Entscheidungen für Ihre Betreuungspraxis

Auch Sie als rechtlicher Betreuer können in Einzelfällen vom Gericht als Verfahrenspfleger bestellt werden. Ihre Vergütung als Verfahrenspfleger richtet sich dabei nach § 277 FamFG.

Es kann darüber hinaus wichtig sein, im Verfahren zur Betreuerbestellung bei dem Betreuungsgericht anzuregen, dass für den Betreuten ein Verfahrenspfleger bestellt wird, wenn dieser seine Rechte nicht alleine wahrnehmen kann.

Sonst droht die Gefahr der Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung – was zu einer Verzögerung zum Nachteil des Betreuten führt.

23. April 2014 | Kategorie: Corinna Hell, Urteile |